Während Stress in der Steinzeit dazu beitrug, unser Überleben zu sichern, wirkt er heute eher schädlich auf unsere Gesundheit. Aber warum ist das so? Was passiert im Körper, wenn wir gestresst sind?
Stress ist eine automatisiert ablaufende Reaktion des Körpers auf eine psychische und / oder physische Bedrohung oder Gefahr. Dabei werden Botenstoffe ausgeschüttet, die uns fit, fokussiert und überlebensfähig machen. Das klingt jetzt auf den ersten Blick gar nicht so schlecht. Nämlich dann, wenn Stresssituationen kurzfristig auftreten. Sind wir aber im Dauerstress, kann das erhebliche Auswirkungen auf unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit haben
Rascher Energiekick durch Stresshormone
Dabei handelt es sich unter anderem umAdrenalin und Cortisol, die für eine raschen Energieschub sorgen. Botenstoffe regen den Körper an, mehr Energie (Zucker, Fettsäuren) aus den Reserven freizusetzen. Der Blutzuckerspiegel steigt, die Leber muss mehr LDL-Cholesterin produzieren. Der Blutdruck steigt, die Atmung beschleunigt sich und unsere Sinne sind geschärft. Kraft und Ausdauer werden erhöht und unser Organismus bereitet sich auf Kampf oder Flucht vor. Übersetzt ins Hier und Jetzt bedeutet das, dass wir fokussierter und konzentrierter sind und rasch Leistung abrufen können: Das Schmerzempfinden wird gehemmt, mentale Fähigkeiten erhöht. Parallel dazu werden Haut und Darm schlechter durchblutet.
Aktiv für eine gute Balance sorgen
Ist die Gefahr vorbei, regulieren wiederum Botenstoffe die Stresskurve und sorgen dafür, dass die Stresshormone abfallen.
Wir können diesen Prozess des Stressabbaus im Körper aktiv unterstützen:
- Regelmäßige Bewegung ist dabei besonders wichtig: Moderate Ausdauer-Aktivitäten wie Walking, Schwimmen, Radfahren und Yoga sind empfehlenswert. Jeder sollte die für sich passende Bewegungsform finden, ohne sich dabei zu überfordern. Es sollte kein Leistungssport betrieben werden, da dies das Adrenalin steigert und somit den Abbau der Stresshormone behindern kann.
- Es ist entscheidend, den Sport regelmäßig auszuführen und einen Puls im aeroben Bereich zu erreichen. Eine Pulsuhr kann hierbei hilfreich sein, ebenso wie eine sportmedizinische Untersuchung, um den individuellen aeroben Bereich zu ermitteln.
Kurzfristig überlastet oder chronische Erschöpfung-ein entscheidender Unterschied.
Akuter Stress kann unsere Leistungsfähigkeit steigern, während chronischer Stress zu gesundheitlichen Problemen führt. Die richtige Dosierung ist entscheidend: Zu viel Stress ist genauso schädlich wie zu wenig. Wenn wir uns dauerhaft überfordert fühlen oder unserem Körper nicht ausreichend Regenerationszeit gönnen, können wir ernsthaft erkranken. In solchen Fällen gerät die Regulation der Stresshormone aus dem Gleichgewicht, was zu langfristigen gesundheitlichen Problemen führt. Interessanterweise kann auch chronische Unterforderung Stress verursachen und ähnliche körperliche Reaktionen wie Überforderung hervorrufen, was letztendlich ebenfalls zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Die Optimierung unserer Leistungsfähigkeit findet am besten statt, wenn wir uns in einem mittleren Spannungszustand befinden, ohne zu wenig oder zu viel Stress ausgesetzt zu sein.
Was können typische Auslöser für Stress sein?
- Ständige Schmerzen, Operationen, Unfälle, Migräne und Entzündungen gehören zu den physischen Ursachen von Stress. Psychische Faktoren wie Ängste vor Versagen, Unsicherheit, das Bewältigen von Neuem oder Ungewohntem sowie alte Denkmuster können ebenfalls Stress auslösen.
- Es ist wichtig zu beachten, dass unsere früheren Erfahrungen mit solchen Situationen entscheidend sein können. Wenn unsere vorherigen Erfahrungen positiv waren, erleben wir möglicherweise weniger Stress in ähnlichen Situationen
Von der chronischen Stressreaktion in die Erschöpfung
In Phase 1 schüttet der Körper vermehrt Stresshormone aus. Herzfrequenz, Atmung und Blutzucker steigen. Die Muskulatur wird mit Nährstoffen versorgt.
In Phase 2 (Widerstandsphase) passt sich der Körper an die anhaltende Stressreaktion an, was zu Verspannungen, Bluthochdruck und anderen Symptomen führen kann.
In Phase 3 (Erschöpfungsphase) wird das Immunsystem schwächer und es können Angststörungen, Depressionen und eine Verschlechterung der Entscheidungsfindung, der Libido, Verdauung und Konzentration auftreten.
Ständiger Stress macht krank
Typischerweise beginnt dies mit einem allgemeinen Unwohlsein, Spannungskopfschmerzen, Rückenverspannungen, innerer Unruhe und Schlafstörungen. Diese Symptome entwickeln sich schleichend und können zu einem Anstieg des Blutdrucks und weiteren Beschwerden wie Zyklusstörungen, Tinnitus und Hörsturz führen. Zusätzlich beeinträchtigt chronischer Stress die Kommunikation der Darm-Hirn-Achse sowie die Hormonproduktion und erhöht das Risiko für Krebs und Herzkrankheiten.
Wichtig ist nun ein ganzheitlicher Ansatz zur Behandlung, der nicht nur die Symptome bekämpft, sondern auch die zugrunde liegenden Ursachen betrachtet. Insbesondere Denkmuster, wie das Gefühl, alles allein bewältigen zu müssen oder Schwierigkeiten “Nein” zu sagen, spielen eine wichtige Rolle bei der Bewältigung von Stress.
Erste-Hilfe-Sofort-Tipps und ganzheitliche Lösungsansätze
Das VARESE-Konzept ist ein ganzheitlicher Therapieansatz in der Stressmedizin. Es kombiniert mehrere Maßnahmen und setzt auf ein Aufbrechen alter Denkmuster sowie auf eine Verhaltensänderung.
Verhalten: Ein wichtiger Ansatz liegt darin, sich auf realistische Ziele zu konzentrieren und kleine Schritte zu setzen, die sich gut in den Alltag integrieren lassen. Es ist entscheidend, kontinuierlich dran bleiben, da es etwa 90 Tage dauert, um neue Gewohnheiten zu etablieren. Ähnlich wie ein Muskel kann auch unser vegetatives Nervensystem trainiert werden, um sich zu erholen. Atemübungen sind eine effektive Methode, um Achtsamkeit zu praktizieren und den Körper sofort zu entspannen.
Achtsamkeit beginnt mit der Atmung: Besonders in Stresssituationen atmen wir oft zu flach und hektisch. Ein paar tiefe Atemzüge versorgen den Körper sofort mit Sauerstoff und fördern die Entspannung.
Relaxation: Regelmäßige Pausen und kurze Powernaps (5 bis 10 Minuten) können dabei helfen, Stress abzubauen. Dabei ist es wichtig, sich auf den Rücken zu legen, nichts zu tun, nicht mal Musik hören und dabei tief durchzuatmen.
Ernährung: Sich bewusst Zeit nehmen für das Essen und auf zwei ausgewogene Mahlzeiten am Tag achten, ohne dabei nebenbei aufs Handy oder Laptop zu schauen. Es ist auch wichtig, auf eine ausgewogene Vitalstoffversorgung zu achten. Insbesondere in stressigen Situationen neigen wir dazu, nicht nur schnell, sondern auch nährstoffarm zu essen.
Sport sollte in Maßen und regelmäßig betrieben werden, ohne sich dabei zu überfordern. Der Fokus sollte auf der Freude an der Bewegung liegen, nicht auf einem Wettkampfgedanken.
Ergänzungs-/Ersatztherapie: Eine gründliche Anamnese und Analyse sind entscheidend. Es ist wichtig, die Versorgung mit Vitalstoffen wie Magnesium, B-Vitaminen, Kupfer, Zink und Vitamin D3 zu überprüfen. Magnesium kann die Produktion von Stresshormonen senken (ca. 300 mg täglich sind empfehlenswert), während B-Vitamine das Nervensystem unterstützen. Omega-3-Fettsäuren haben entzündungshemmende Eigenschaften, Antioxidantien bekämpfen freie Radikale, und Vitamin D3 kann die Stimmung verbessern. Pro- und Präbiotika unterstützen die Darmgesundheit.
Eine umfassende Mikronährstoffanalyse und -therapie kann Mangelerscheinungen ausgleichen, die Darm-Hirn-Achse regulieren, die Regeneration fördern und Entzündungen im Körper reduzieren. Mikronährstoffe können auch als natürliche Stimmungsaufheller dienen.
Beeinträchtigung der Darm-Hirn-Achse
Wenn die Verbindung zwischen Darm und Gehirn gestört ist, kann dies dazu führen, dass Vorstufen bestimmter Hormone nicht mehr produziert werden können. Zusätzlich kann das Stresshormon Cortisol einen durchlässigen Darm (Leaky Gut) verursachen und das Gleichgewicht der Darmbakterien beeinflussen. Dadurch gelangen Giftstoffe leichter in den Körper, während lebenswichtige Nährstoffe schlechter aufgenommen werden. Diese Kombination kann auch andere Krankheitsbilder begünstigen. Daher ist es ratsam, das Mikrobiom des Darms genauer zu untersuchen.
Stress und Hormone
Stress führt zu einer erhöhten Ausschüttung verschiedener Botenstoffe wie DHEA, Cortisol, Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin. Wenn keine natürliche Regulation stattfindet, aufgrund anhaltenden Stresses, kann dies zu einem Ungleichgewicht führen und die Hormonproduktion erschöpfen. Dieser Mangel kann ernsthafte gesundheitliche Folgen haben, wie beispielsweise Osteoporose bei Frauen. Ein zu niedriger Serotonin- und Cortisolspiegel trägt zur allgemeinen Erschöpfung und Niedergeschlagenheit bei, was sich auch darin äußern kann, dass man morgens schwer aus dem Bett kommt.
Ganzheitliche Stressbewältigung sinnvoll
Insgesamt zeigt sich, dass die Bewältigung von Stress und die Förderung der Gesundheit einen ganzheitlichen Ansatz erfordern. Es ist wichtig, die verschiedenen Aspekte des Lebensstils zu berücksichtigen und schrittweise Maßnahmen zu ergreifen, um Veränderungen herbeizuführen. Durch das gezielte Drehen an mehreren Stellschrauben und die kontinuierliche Anpassung können langfristige positive Veränderungen erreicht werden, die das Wohlbefinden nachhaltig verbessern.